Der Weg zur Aufhebung von dukkha
In der »Vierten Edlen Wahrheit« lernst du den Weg kennen, der zur Aufhebung von dukkha führt:
Der »Edle Achtgliedrige Pfad« oder der »Mittlere Weg«
Mittlerer Weg deshalb: Er sucht das Glück weder in den Freuden der Sinne, noch sucht er das Glück in der Selbstpeinigung, wie etwa schmerzhafter Askese, wo die ganze Kraft dem Geist gewidmet und der Körper vergessen wird.
Buddha suchte zuerst selbst die Erlösung in den beiden genannten Extremen. Er erkannte jedoch beides als nutzlos und entdeckte aus eigener Erfahrung den »Mittleren Weg«.
Der »Mittlere Weg« führt durch Erkennen und Wissen zu Ruhe, Klarheit, Erleuchtung, Nirvana.
Der »Mittlere Weg« oder der »Achtgliedrige Pfad« besteht aus acht Gliedern:
1. rechte Erkenntnis
2. rechte Gesinnung
3. rechte Rede
4. rechtes Tun
5. rechter Lebensunterhalt
6. rechte Anstrengung
7. rechte Achtsamkeit
8. rechte Sammlung
Der Buddhismus hat praktisch immer mit diesem Pfad zu tun. Buddha lehrte 45 Jahre lang; erklärte den Pfad in unterschiedlicher Weise – je nachdem, wie der Zuhörer entwickelt und fähig war, den Pfad zu verstehen und zu folgen.
Wichtig ist: Die acht Glieder des Pfades sollen nicht nacheinander, sondern müssen gleichzeitig entwickelt werden – soweit jeder Einzelne dazu fähig ist.
Wird ein Glied des Pfades entwickelt, fördert und entwickelt es so die anderen Glieder.
Die acht Glieder fördern und vollenden die drei grundlegenden Elemente buddhistischer Zucht und Übung:
1. sittliches Verhalten
2. Schulung des Geistes
3. Weisheit
Weisheit und Mitgefühl
Mitgefühl und Weisheit müssen bei jedem Menschen gleichmäßig entwickelt werden: Sind sie ungleichmäßig stark entwickelt, ist man entweder ein gutherziger Blödmann oder ein kaltherziger, gefühlloser, vom Verstand beherrschter Mensch.
Mit Mitgefühl sind auch Zuneigung, Liebe, Güte, Verständnis, Erbarmen und ähnliche gefühlsmäßige Eigenschaften gemeint.
Weisheit umfasst die geistigen Fähigkeiten.
Sittliches Verhalten
Das sittliche Verhalten basiert auf Liebe und Mitgefühl. Drei Glieder des achtgliedrigen Pfades (3, 4, 5) entwickeln und fördern das sittliche Verhalten:
3. rechte Rede
4. rechtes Tun
5. rechter Lebensunterhalt
Rechte Rede bedeutet:
1. nicht zu lügen und keine Lügen über andere Menschen zu verbreiten
2. nicht grob, unfreundlich, schimpfend oder bösartig reden
3. keine Menschen beleidigen oder verleumden; kein Gerede, was zu Streit, Feindschaft und Hass führt
4. kein eitles und nutzloses Geschwätz
Das bedeutet nicht nur, die vier Punkte beharrlich zu befolgen, sondern auch, dass man die Wahrheit sagt und stets freundliche, nützliche und angenehme Worte benutzt.
Man sollte immer achtsam sprechen und nur dann reden, wenn was Nützliches zu sagen ist – wenn nicht, ist zu schweigen.
Rechtes Tun bedeutet: nach einem anständigen, ehrenwerten und friedfertigen Verhalten zu streben. Also: nicht zu stehlen; nicht zu töten; nicht zu betrügen; kein unerlaubter Geschlechtsverkehr.
Außerdem stets bemüht sein, anderen Menschen zu helfen, ein ehrenwertes und friedfertiges Leben zu führen.
Rechter Lebensunterhalt bedeutet: Keinen Beruf wählen, der Menschen oder anderen Lebewesen schadet, wie der Handel mit Waffen, Drogen, Giften sowie betrügerische Geschäfte und das Töten von Tieren.
Das sittliche Verhalten wird durch diese drei Glieder entwickelt. Es ist ein notwendiges Fundament für alle höheren geistigen Ziele. Ohne sittliches Verhalten kann der Geist sich nicht entfalten.
Schulung des Geistes
Die Pfad-Glieder 6, 7 und 8 umfassen die Geistesschulung:
6. rechte Anstrengung
7. rechte Achtsamkeit
8. rechte Sammlung
Rechte Anstrengung bedeutet, mit starkem Willen:
1. negative Geisteszustände nicht aufkommen zu lassen
2. sich von bereits vorhandenen negativen Geisteszuständen zu befreien
3. noch nicht vorhandene positive Geisteszustände zu fördern
4. positive, heilsame Geisteszustände zu entwickeln und zu vollenden
Rechte Achtsamkeit bedeutet: Unablässig und achtsam die Vorgänge im Körper zu beobachten; ebenso die Gefühle, die Gedanken so wie alle anderen Tätigkeiten des Geistes. Beobachte alles, was in dir vorgeht.
Konzentration auf den Atem ist eine gute Übung. In der Meditation ist dies eine beliebte Technik, um Achtsamkeit auf den Körper zu entwickeln.
Bei den Gefühlen muss bewusst wahrgenommen werden, welche Art von Gefühl entsteht: gutes Gefühl, schlechtes Gefühl oder neutrales Gefühl. Außerdem ist bewusst darauf zu achten, wie die Gefühle entstehen und wieder vergehen.
Wird der Geist beobachtet, ist achtsam festzustellen, ob der Geist von Zorn, Gier, Hass, Selbstsucht erfüllt ist oder nicht; ob er gesammelt oder zerstreut ist. So wird man sich der geistigen Handlungen bewusst; sieht wie sie erscheinen und wieder verschwinden.
Zusätzlich müssen die Geistesobjekte, also die Gedanken, Begriffe und Vorstellungen, achtsam beobachtet werden; erkennen, wie sie kommen und gehen, weiter entwickelt oder unterdrückt und zerstört werden.
Rechte Sammlung ist das dritte Element der Geistesschulung und führt zu Dhyana (pali: Jhana), was allgemein mit Versenkung oder Verzückung übersetzt wird.
Dhyana entwickelt sich über vier Ebenen: Auf der ersten Ebene verschwinden leidenschaftliche Wünsche und Gedanken wie sinnliche Lust, Sorge, Trägheit, Bosheit, Unruhe und Zweifel. Gefühle wie Glück oder Freude bleiben auf der ersten Ebene enthalten; ebenso bleibt eine gewisse geistige Tätigkeit enthalten.
Auf der zweiten Ebene kehrt Ruhe in den Geist ein. Alle zerstörerischen Tätigkeiten des Geistes verschwinden; Gefühle wie Freude und Glück bleiben jedoch erhalten.
Das aktive Gefühl der Freude verschwindet auf der dritten Ebene; ein Glücksgefühl bleibt aber noch erhalten. Zusätzlich entfaltet sich achtsamer Gleichmut.
Auf der vierten und letzten Ebene von Dhyana sind alle Gefühle verschwunden; bestehen bleiben nur noch Achtsamkeit und Gleichmut.
Weisheit
Die übrigen zwei Glieder des Pfades bilden gemeinsam die Weisheit:
1. rechte Erkenntnis
2. rechte Gesinnung
Rechte Gesinnung zeigt sich durch selbstlose, liebevolle und gewaltlose Gedanken, ausgedehnt über alle Lebewesen.
Echte Weisheit wird nur erlangt, wenn rechte Gesinnung vollständig entwickelt ist.
Gedanken von Gier, Zorn, Gewalt oder Hass weisen stets auf fehlende Weisheit hin.
Rechte Erkenntnis ist: die vier edlen Wahrheiten vollständig zu verstehen, denn sie erklären, wie die Dinge wirklich sind.
Erst wenn du die tiefe Wahrheit hinter den vier edlen Wahrheiten erkennst und umfassend begreifst, ist die höchste Weisheit erreicht.
Jedoch ist diese tiefe Erkenntnis nur möglich, wenn der Geist durch Meditation voll entwickelt und frei von allen Verunreinigungen ist.
Das war in kurzer Form die »vierte edle Wahrheit« und der »achtgliedrige Pfad«.
Du hast sicherlich schon bemerkt, dass der Pfad nichts mit Religion und Glaube zu tun hat, sondern eine Art Lebensweg ist und von jedem einzelnen Menschen gegangen werden muss. Dies ist jedoch nur möglich durch Selbstzucht des Körpers, des Geistes und der Rede so wie persönliche Entwicklung und Läuterung.
Vier edle Wahrheiten – Vier Aufgaben
Es sind vier Aufgaben zu bewältigen, die durch die vier edlen Wahrheiten gestellt werden:
1. Die »Erste Edle Wahrheit«, dukkha, also das Leiden, die Freuden und die Sorgen des Lebens, mit all den unbefriedigenden und unvollkommenen Dingen, wie auch die Wesenslosigkeit und Vergänglichkeit: Dies klar und vollständig als Wahrheit zu erkennen, ist die erste Aufgabe.
2. Die »Zweite Edle Wahrheit« lehrt: dukkha entsteht durch »Durst«, Begierde, Verlangen, Freuden, Leidenschaften. Diesen »Durst« und alle weiteren Befleckungen, Unreinheiten und Leidenschaften vollständig zu vernichten, ist die zweite Aufgabe.
Es genügt nicht, die zweite Wahrheit nur zu erkennen und zu verstehen. Der »Durst« muss völlig aufgegeben und ausgerottet werden.
3. Die »Dritte Edle Wahrheit« zeigt die Erlösung von dukkha: Nirvana, die absolute Wahrheit. Die dritte Aufgabe ist, sich von dukkha zu befreien, die vollständige Aufhebung von dukkha.
4. Die »Vierte Edle Wahrheit« und der achtgliedrige Pfad führen zu Nirvana. Es genügt jedoch nicht, den Pfad nur als richtig zu erkennen; den Pfad zu gehen und stets an den Pfad zu halten, das ist die vierte Aufgabe.
Lies bitte hier weiter: »Die Lehre vom Nicht-Ich«